Blagaj und Mostar

Von der geschichtsträchtigen Brücke und geruhsamen Tagen in großer Hitze

Nach den ganzen Abenteuern im Sutjeska Nationalpark ging es in nur zwei Stunden weiter nach Blagaj, zwanzig Minuten südlich von Mostar. Der Weg war so kurz, dass wir Zeit im Restoran Bišina überbrückt haben. Diesmal kein bisschen Schotterpiste, allerdings war es Sophie auf der kurvigen Fahrt schlecht geworden. Im Restaurant war sie dann allerdings wieder guter Dinge und hat sich mit Pommes und Ćevapi (Ćevapčići auf Bosnisch) vollgestopft – kaum ohne größeren Wutanfall zu vermeiden, wenn das als eine große Portion mitten auf dem Tisch steht. Erstaunlicherweise ging das gut und ihr wurde nicht wieder schlecht. Um 15 Uhr kamen wir dann in Blagaj an. Die Wohnung war diesmal in einem Haus, in dem noch eine andere Ferienwohnung vermietet wird und in dem auch die Vermieter wohnen. Allerdings waren die anderen Wohnungen alle nur am ersten Tag auch belegt und seitdem gehören das Haus, der riesige Garten mit Granatapfel-, Kiwi- und Feigenbäumen, der große Pool und die Sitzecke an der (extrem kalten) Buna nur uns. Es ist also eine sehr gute Unterkunft für uns und wir verbringen den Großteil des Tages im Pool. Sophie hat sich selbst Rückenschwimmen beigebracht und generell ist die viele Zeit mit Pools mindestens zwei Aufbauschwimmkurse wert.

Abseits von Pool und Fluss ist es hier auch kaum auszuhalten, denn die Gegend gilt als die heißeste des Landes und es hat konstant zwischen 38 und 40 Grad. Wir haben deshalb hier deutlich weniger unternommen als man hätte unternehmen können. Man hätte in 50 Minuten zu den Kravica Wasserfällen fahren können, den bekanntesten und meistbesuchten Wasserfällen des Landes. Oder in 30 Minuten nach Počitelj, einen wirklich spannend klingenden Ort mit Burg und osmanisch geprägter mittelalterlicher Altstadt. Oder in 40 Minuten nach Međugorje, einen katholischen Wallfahrtsort, der jedes Jahr von einer Million Menschen besucht wird – den Wahnsinn hätte ich mir bei etwas weniger Hitze gerne gegeben. Aber es war einfach zu heiß für alles und weil am zweiten Tag nachmittags stundenlange ein Gewitter gegrollt hat, haben wir es leider nicht mal zur Burgruine Stjepan Grad geschafft, die direkt über Blagaj liegt. Das fand ich tatsächlich sehr schade. So haben wir sie nur im Vorbeifahren gesehen. Immerhin einmal Essengehen haben wir nach dem Gewitter noch hinbekommen. Direkt neben unserer Ferienwohnung ist praktischerweise das wirklich hübsche Restaurant Velika Ada. Wir mussten nur aus unserem Gartentor raus und uns an einen der Tische am Fluss setzen. Da gab es Forelle und Tintenfisch und Pommes und sehr leckere Pfannkuchen. Essen gehen ist hier sowieso einfach unschlagbar günstig. Üblicherweise zahlen wir zwischen 50 bis 80 Mark, also 25 bis 40 Euro für uns vier – kein Vergleich zu den Preisen zu Hause.

Am ersten Abend immerhin haben wir es zur Hauptattraktion Blagajs geschafft – der Tekke von Blagaj, die direkt an der Buna-Quelle liegt und aus dem 16. Jahrhundert stammt. Eine Tekke ist ein religiöses Zentrum der Sufi / Derwische, einer muslimischen Ordensgemeinschaft – wir hatten in Berat in Albanien schon einmal eine besucht. Die Tekke von Blagaj scheint wiederum ein sehr bekannter Wallfahrtsort für viele Muslime zu sein. Wir konnten in 20 Minuten von unserer Unterkunft aus hinlaufen und waren ziemlich spät am Abend dort, aber es war immer noch viel los und an den vielen Ständen deutlich erkennbar, wie krass voll es da anscheinend tagsüber zur Hochsaison ist. Die Tekke selbst kann man gegen 10 Mark Eintritt besuchen. Ich fand sie aber von innen nicht wahnsinnig beeindruckend, sondern sehr schlicht. Besonders ist an ihr vor allem ihre Lage direkt an der Quelle und vor hohen Felswänden. Ich fand die Stimmung dort tatsächlich trotz der vielen Menschen sehr schön. Die Kinder fanden es allerdings unheimlich – tatsächlich haben sie meistens Angst vor religiösen Orten aller Couleur und Jonathan empfindet auch steil aufragende Felswände als bedrohlich, weil er Angst vor Steinschlägen und Felssturz hat. Beide Kinder waren deshalb und weil es schon spät war also leider nölig und dann erst durch ein Eis auf dem Rückweg wieder in besserer Stimmung.

Am zweiten Abend ging es nach Mostar, das auch nur 20 Minuten entfernt liegt. Auch da war es abends immer noch sehr voll, tagsüber muss es im August unerträglich sein. Aber die Innenstadt ist wirklich wunderschön wieder hergestellt. Während der Jugoslawienkriege fanden hier brutale Kämpfe zwischen muslimischen Bosniaken und katholischen Kroaten statt und die berühmte aus dem 16. Jahrhundert stammende Brücke Stari Most war im November 1993 nach tagelangem Beschuss von kroatischer Seite eingestürzt – ein Symbol für die Zerstörungskraft dieses Kriegs und Bilder, die um die Welt gingen. Martin, damals 12 Jahre alt, erinnert sich sogar noch daran, die Bilder damals in den Nachrichten gesehen zu haben – ich, zwei Jahre jünger, erinnere mich nicht. Jedenfalls ist die Brücke nun seit 2004 wieder rekonstruiert und nun das Symbol für die wiedervereinigte Stadt. Allerdings gibt es durchaus weiterhin Spannungen, die sich architektonisch dadurch manifestieren, dass die eine Seite versucht, so viele Minarette wie möglich zu bauen und die andere Seite ihre Kirchtürme extrahoch konstruiert und ein nachts leuchtendes Kreuz auf dem Hügel über der Stadt postiert hat. Für Touristen ist Mostar aber auf jeden Fall ein Highlight. Wir sind durch die basarähnlichen Gassen gebummelt, haben Eis geschleckt und im Restaurant Terrace Lagero mit Blick auf die Brücke ganz ordentlich gegessen. Zweimal sind Brückenspringer von der Stari Most gesprungen (das machen sie, sobald sie genügend Geld zusammengesammelt haben) – das war für die Kinder natürlich extrem aufregend. Es gibt viele nette Restaurants und schräg unter der Brücke auch eine sehr nette Bar. Für den Besuch der als sehr schön beschriebenen Koski Mehmed Pasha Moschee waren wir leider zu spät dran. Auch wenn wir also insgesamt nur einen recht oberflächlichen touristischen Eindruck von Mostar bekommen haben, fand ich die Stadt sehr schön und den Blick auf die Brücke etwas sehr Besonderes.

Morgen Vormittag werden wir nochmal in den Pool hüpfen und uns dann langsam wieder auf den Weg Richtung Norden machen – ein Haus nördlich von Banja Luka ist unser nächstes (und letztes) Ziel in Bosnien und Herzegowina.

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