Jajce, Banja Luka und Ljubljana

Vom Ausklingenlassen der Reise durch Bosnien und Herzegowina

Von Blagaj und Mostar ging es für uns nun wieder Richtung Norden – fast fünf Stunden dauerte die Fahrt nach Banja Luka. Und auf der Fahrt zeigte sich wieder, was für ein wunderschönes Land das doch ist. Rund um Mostar war die Landschaft noch ein wenig karg, aber dann ging es drei Stunden bis Jajce immer an der Neretva, danach noch eineinhalb Stunden immer an der Vrbas entlang durch grüne Berge, immer wieder mit schönen Blicken auf die Flüsse und Stauseen.

Unterbrochen haben wir die Fahrt in Jajce. Da wollte ich eigentlich schon auf dem Weg vom Una Nationalpark Richtung Süden stoppen, was dann aber ausfallen musste, weil Jonathan und ich ja nicht fit waren. Deshalb nun also ein Halt auf dem Weg nach Norden. Und Jajce liegt nicht nur hübsch in den grünen Bergen, sondern ist auch als Städtchen recht nett. Es gibt eine kleine Burgruine, die über dem Ort thront, und von der man einen schönen Blick in die Umgebung hat. Historisch bedeutsam ist Jajce auch, weil die Stadt im 15. Jahrhundert Sitz der bosnischen Könige war und weil dort 1943 Titos „Antifaschistischer Volksbefreiungsrat“ (AVNOJ) getagt und die Idee eines sozialistischen, föderalistischen Jugoslawien entwickelt hat. Touristisch interessant ist Jajce allerdings vor allem deswegen, weil es einen Wasserfall gibt, der mitten in der Stadt 17 Meter in die Tiefe fällt. Den kann man auch von oben von der Straße / dem Parkplatz gut sehen. Wenn man Eintritt bezahlt, kann man zusätzlich unterhalb des Wasserfalls auf eine Plattform gehen – das ist vor allem deswegen lustig, weil man dann von der Gischt sehr nassgespritzt wird, was bei 35 Grad eine willkommene Abkühlung war.

Gegen 18 Uhr kamen wir dann bei unserer letzten Unterkunft an – einem großen Haus mit Garten in der absoluten Pampa eine halbe Stunde nördlich von Banja Luka. Wir sind hier nicht, weil irgendwas besonders Spannendes in der Nähe wäre (wobei es etwa 50 Minuten entfernt noch den Nationalpark Kozara gegeben hätte, für den wir aber keine Energie mehr übrig hatten), sondern weil wir die lange Fahrt nach Hause aufteilen müssen und wir gerne einen Pool haben wollten. Da gab es nicht so arg viel bezahlbares Angebot. Eigentlich hatten wir ein sehr hübsches Haus südlich von Banja Luka gemietet, aber nachdem das ein Holzhaus ohne Klimaanlage war, haben wir angesichts der Temperaturen nochmal umdisponiert. Hier gibt es jetzt nur einen Aufstellpool, aber zum Planschen und Abkühlen reicht der auch. Und es gibt eine Klimaanlage und eine große schattige Terrasse, so dass es sich auch bei 35 Grad gut aushalten lässt. Da planschen wir also und lesen Harry Potter vor, von dem die Kinder ganz angefixt sind (auch wenn das natürlich eigentlich für Sophie mit ihren fünf Jahren noch nicht so wirklich etwas ist). Wir spielen außerdem mit der Katze, die hier herumstreunt. Die ist zugleich sehr süß und zutraulich und unglaublich aufdringlich – ständig versucht sie, ins Haus zu kommen und als wir an einem Abend gegrillt haben, mussten wir sie ständig davon abhalten, sich vor lauter Gier in die heißen Kohlen zu stürzen.

An einem Nachmittag und Abend waren wir Banja Luka anschauen, die größte Stadt im Norden des Landes und Regierungssitz der Republik Srpska. Man baut dort auch schon sehr fleißig an einem monumentalen Mahnmal für alle, „die für die Republik Serbien gekämpft haben und wollen, dass unsere Republik dauerhaft und ewig ist“. Ansonsten ist die Stadt ohne riesige Highlights, aber ganz nett. Man kann durch die Ruine eines alten Kastells an der Vrbas laufen, das schon zu römischen Zeiten bestand. An der Vrbas könnte man sicherlich auch schön spazieren gehen und es gibt auch einige nette Parks. Es gibt außerdem die 2016 wiedereröffnete Ferhadija-Moschee. Die ursprüngliche Moschee stammte aus dem 16. Jahrhundert und wurde 1993 von serbischen Nationalisten bzw. den Behörden der Republik Srpska zerstört. Gegen den Wiederaufbau ab 2001 gab es dann massive Proteste und auch Anschläge durch serbische Nationalisten. Es ist jedenfalls eine sehr schöne Moschee. Das andere berühmte sakrale Gebäude Banja Lukas ist die orthodoxe Christ-Erlöser-Kathedrale. Die wurde zwischen 1993 und 2004 rekonstruiert, nachdem das Original aus den 1930er Jahren während des Zweiten Weltkriegs erst von der deutschen Luftwaffe bombardiert und dann von der faschistischen kroatischen Ustaša vollkommen zerstört worden war. Eine sehr beeindruckende Kirche mitten im Zentrum der Stadt ist das und abends wunderschön angestrahlt. Ansonsten waren wir im Kod Brke ganz gut italienisch essen (wir hatten Fleisch und Pommes ein bisschen über) und sind dann mit einem Eis durch die nicht besonders beeindruckende Fußgängerzone zurück zum Auto geschlendert.

Nach drei Nächten bei Banja Luka ging es dann endgültig Richtung Norden. Für unsere letzten 20 Mark haben wir tütenweise Obst und Gemüse gekauft. Anders als im restlichen Land ist die Landschaft hier sehr flach und besteht hauptsächlich aus landwirtschaftlichen Nutzflächen. Auffällig ist, dass überall in Bosnien und Herzegowina wahnsinnig viele unverputzte Häuser stehen – bestimmt jedes zweite Haus ist unverputzt, manche davon bewohnt, manche nicht. Das Internet hat verschiedene Erklärungsansätze. Einige leerstehende Häuser waren wohl Häuser, die sich Gastarbeiter als Alterswohnsitze gebaut hatten und die dann wegen des Bosnienkriegs nie fertiggestellt wurden. Andere Häuser wurden wohl nach dem Krieg mit internationalen Hilfsgeldern wieder aufgebaut, aber für den letzten Feinschliff fehlte dann oft das Geld. Außerdem gibt es noch die Theorie, dass für unverputzte Häuser keine Vermögenssteuer gezahlt werden muss und deshalb einige Häuser absichtlich in diesem Rohzustand belassen werden. Vor dem Grenzübergang mussten wir eine halbe Stunde Schlange stehen – es leben die offenen Grenzen der EU. Auch direkt vor der Grenze gibt es noch Straßenstände, an denen man seine allerletzten Markvorräte in Softdrinks, Chips und Eis umwandeln kann. Der Grenzübergang war zufällig der bei Jasenovac, was ich sehr spannend fand – da war nämlich von 1941 bis 1945 ein Konzentrationslagerkomplex der Ustaša, der auch eine Rolle in meiner Doktorarbeit gespielt hatte (der Kommandant von Jasenovac hatte das KZ Sachsenhausen besucht, um sich da zu informieren, wie man so ein Konzentrationslager am besten betreibt). In Jasenovac wurden politische Gegner, Sinti und Roma sowie Jüdinnen und Juden, aber auch viele Serbinnen und Serben inhaftiert und ermordet. Im Vorbeifahren haben wir das Mahnmal, eine steinerne Blume, gesehen. Historiker(innen)freuden!

Den letzten Zwischenstopp unserer Reise gab es in Ljubljana. Da hatten wir ursprünglich eine Ferienwohnung eine halbe Stunde nördlich der Stadt gebucht, dann aber kurz vor dem Urlaub festgestellt, dass Chrissi, Greta und Gustaf zufälligerweise zur gleichen Zeit in Ljubljana sein würden. Also haben wir kurzfristig lieber eine Unterkunft direkt in der Stadt und in Laufweite zum Zentrum gebucht. Da gab es nicht viel bezahlbare Auswahl, aber wir haben schließlich eine Wohnung gefunden. Die lag gut und war sehr extravagant eingerichtet, allerdings schwächelte die Klimaanlage ziemlich und so war es recht warm. Wir kamen gegen halb 4 an und haben uns dann nach kurzer Ausruhpause mit Chrissi, Greta und Gustaf in der Innenstadt getroffen. Das war sehr nett und Ljubljana hat mich genauso wie schon 2017 sehr begeistert. Die ganze Innenstadt ist ja autolos und überall gibt es Restaurants und Bars, aber auch schöne Bänke entlang des Flusses. Und am Prešerenplatz gab es sogar künstlichen Regen – bei den Temperaturen (auch in Ljubljana hatte es wieder 33 Grad) ziemlich super und ein großer Spaß (nicht nur) für die Kinder. Wir sind also durch die Innenstadt gebummelt und waren dann im naša hiša sehr gute Pizza essen. Für die Kinder gab es ein lustiges Kletterkunstwerk gleich nebenan, das sie mühelos zwei Stunden lang beschäftigt hat. So hatten wir alle einen sehr netten Abend – ein prima Abschluss dieser Balkanreise.

Was lässt sich also abschließend noch sagen zu Bosnien und Herzegowina als Reiseland? Die Landschaft ist wunderschön, historisch und politisch ist es wahnsinnig interessant (wenn auch oft in vielerlei Hinsicht verstörend) und es ist im Vergleich zu Mitteleuropa auch extrem günstig bei trotzdem hohem Standard der Unterkünfte. Es hat mir also insgesamt wahnsinnig gut gefallen und ich kann eine Rundreise durch dieses touristisch vollkommen unterschätzte Land nur allen ans Herz legen. Sretan put!

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